Selbstreflexion: Diagnostische Kompetenz
(Beck et al., 2008; Hanke, 2005; Helmke, 2010; Müller Bösch & Schaffner Menn, 2014; Schrader, 2013)
Lehrende begegnen im Unterricht verschiedenen Herausforderungen, die aufgrund von unterschiedlichen Lern- und Leistungsniveaus der Lernenden vorherrschen. Dementsprechend beschreibt Hanke (2005), das Erkennen der Heterogenitätsmerkmale als eine der zentralen Aufgaben von Lehrenden aller Schularten. Wie bereits im Kapitel Heterogenitätsmerkmale von Lehrenden erläutert, ist die diagnostische Kompetenz ein wichtiger Bestandteil der adaptiven Lehrkompetenz.
Parallel dazu wird die Diagnosekompetenz seit Dezember 2004 in den “Standards zur Lehrerbildung” der KMK (2004) als eine der elf Kernkompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern aufgeführt.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die eher informellen Diagnoseleistungen, die im Unterrichtsalltag erfolgen fehleranfälliger sind als pädagogische Diagnoseverfahren, die auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen beruhen (Schrader, 2013). Daher ist es für Lehrende überaus wichtig, ihre eigene diagnostische Kompetenz kritisch zu reflektieren und gegebenenfalls zu revidieren bzw. an veränderte Bedingungen adaptieren zu können.
Selbstreflexion als wichtiger Bestandteil diagnostischer Kompetenz
Die Reflexion der Lehrenden über das eigene Handeln spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Helmke (2010) bezeichnet die Fähigkeit den eigenen Unterricht und das eigene Handeln regelmäßig selbstkritisch zu reflektieren als Schlüsselkompetenz der stetigen Weiterentwicklung einer professionellen Lehrkompetenz.
Folglich sollten sich Lehrende den Grenzen Ihrer Urteilsfähigkeit bewusstwerden und Urteilstendenzen und Verzerrungen möglichst entgegenwirken.
Schrader (2013) empfiehlt beispielsweise die eigene Urteilsleistung durch professionelle Diagnoseverfahren oder durch die Hinzuziehung einer zweiten Meinung (Selbsteinschätzung der Lernenden oder Urteile anderen KollegInnen) stetig zu überprüfen.
Die folgenden Fragen können bei der Selbstreflexion von adaptivem Unterricht unterstützen (Müller Bösch & Schaffner Menn, 2014):
- Kann der Unterricht alle Lernenden kognitiv aktivieren und können alle daran teilnehmen?
- Müssen die situativen Rahmenbedingungen eventuell besser angepasst werden?
- Werden bei der Differenzierung alle Lernenden berücksichtigt (kognitiv schwache & starke Lernende, diejenigen die schnell vorankommen und auch solche, die mehr Anleitung und Unterstützung benötigen)?
Im nächsten Kapitel werden zwei Instrumente, die als Unterstützung beim Diagnoseverfahren in der Sekundarstufe genutzt werden können näher erläutert.