Farbwahrnehmung
(Adelson, 2000; Müller et al., 2019)
Im folgenden Abschnitt soll es nun gezielt um die Fähigkeit gehen, wie der Mensch verschiedene Farben sehen kann. Dabei ist
Wie bereits auf der vorherigen Seite beschrieben, besitzt die Retina drei verschiedene Zapfentypen, welche unterschiedliche Absorptionsmaxima besitzen. Allerdings überlappen sich die Absorptionskurven der drei Zapfen stark.
Dies ist essenziell, um verschiedene Farbnuancen differenzieren zu können. Wird beispielsweise im Überlappungsbereich die Wellenlänge des Lichts verändert, wird ein Rezeptor weniger aktiviert, während der andere stärker angeregt wird. So wird eine Veränderung des Farbtons wahrgenommen. Wenn hingegen die Wellenlänge konstant bleibt und die Photonenstromdichte verändert wird, werden beide Rezeptoren proportional verstärkt oder vermindert aktiviert. Es kommt stattdessen zu einer Veränderung der Farbsättigung und -helligkeit. Aufgrund dessen wird die Unterscheidung zwischen Helligkeit und Farbton am langwelligen und kurzwelligen Ende des Lichtspektrums immer schwieriger.
Der Zusammenhang aus einfallender Verteilungskurve und Signalstärke ist (mathematisch gesehen) linear. Das bedeutet, Lichtfarben werden additiv gemischt: Trifft Licht aus zwei verschiedenen Quellen auf die Netzhaut, so werden die Verteilungskurven addiert und auch die resultierende Signalstärke im Sehnerv ist die Summe der einzelnen Signalstärken.
Farbpigmente und -stoffe hingegen werden subtraktiv gemischt: Atome und Moleküle absorbieren bestimmte Wellenlängen, was sich durch eine Subtraktion der zugehörigen Absorptionsverteilung von der einfallenden Lichtverteilung modellieren lässt. Mischt man also zwei unterschiedliche Pigmente/Stoffe, wird mehr Licht absorbiert bzw. abgezogen.
Anleitung: Mit dem “Modus”-Knopf rechts unten zwischen additiver und subtraktiver Farbmischung wechseln. Anschließend die Lichtkegel bzw. Farbkleckse mit der Maus verschieben und beobachten, welche Farben beim Überlagern entstehen.
Weißes Licht ist als Licht mit konstanter Wellenlängenverteilung definiert. Die Farbe eines Gegenstands, Pigments oder Stoffes ist dadurch bestimmt, welche Wellenlängen reflektiert werden, wenn er mit Licht bestrahlt wird. Insbesondere hängt die Farbe eines Gegenstands somit von der Farbe des darauf scheinenden Lichts ab.
Zu jeder Farbe gibt es eine Komplementärfarbe, die ihr gegenübersteht.
- Bei farbigem Licht ist dies diejenige Farbe, die eine weitere Lichtquelle haben muss, sodass Weiß entsteht, wenn sie überlagert werden.
- Bei Farbstoffen ist es genau die Farbe, die als darauf scheinendes Licht den Stoff schwarz aussehen lässt.
In der interaktiven Visualisierung oben kann auf beide Arten etwa beobachtet werden, dass Rot und Cyan jeweils komplementär zueinander sind:
- Im additiven Modus wird grünes und blaues Licht gemischt, um Cyan zu erzeugen. Kommt Rot noch dazu, entsteht weißes Licht.
- Im subtraktiven Modus wird gelbe und magenta Malerfarbe gemischt, um Rot zu erzeugen. Kommt noch Cyan hinzu, entsteht Schwarz.
Dieses Zusammenspiel aus farbigem Licht und farbigen Gegenständen macht es unter Umständen extrem schwierig, die Farbe eines Gegenstands korrekt einschätzen zu können. In Szene 2: Einstieg zu Farbigkeit und Licht kämpfen die Schülerinnen und Schüler mit genau diesem Problem:
Dieses Phänomen kann in folgender interaktiven Visualisierungen auch noch einmal erkundet werden. Insbesondere kann beobachtet werden, dass ein Körper schwarz aussieht, wenn er mit der Komplementärfarbe seiner Körperfarbe bestrahlt wird.
Anleitung: Mit dem “Modus”-Knopf rechts oben zwischen einer diskreten Auswahl an Farben und einem Spektrum wechseln. Diese dann am Schieberegler darüber einstellen. Mit dem “Objekt”-Knopf zwischen diversen Obst- und Gemüsesorten durchschalten. Anschließend den Gegenstand mit der Maus zwischen farbigem und weißem Licht hin- und herschieben und die Veränderung der wahrgenommenen Farben beobachten.
Die tatsächliche Interpretation der elektrischen Signale und die daraus resultierende Wahrnehmung von Farben ist eigentlich noch einmal sehr viel komplizierter. Das Gehirn von Menschen (und allen anderen Tieren) ist dahingehend optimiert, dass es Informationen immer im Kontext analysiert und interpretiert. Bei Farben bedeutet das unter anderem, dass das Gehirn diese meist nicht absolut, sondern nur relativ zueinander wahrnimmt. Das führt zu optischen Täuschungen, wie dem berühmten Schachbrett mit Schatten von Edward H. Adelson:
Abbildung: Illustration zur Checkershadow Illusion von Edward H. Adelson; entnommen dem zugehörigen Wikipedia-Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/Checker_shadow_illusion
Im Bild oben haben die Pixel der Felder A und B dieselbe Farbe, werden aber als unterschiedlich wahrgenommen, da B im Schatten liegt (Adelson, 2000).
Für das Verständnis der Funktionsweise von Farbstoffen und -pigmenten an sich reicht das vereinfachte Model, das hier vorgestellt wurde.