Farbsehen im Auge

(Müller, Frings & Möhrlen, 2019; Welsch & Liebmann, 2012)

Der Aufbau des Auges

Sehen ist der Prozess, bei dem die von der Netzhaut erfassten Signale im Kontext diverser Annahmen und Erfahrungen interpretiert werden. Das bedeutet, dass der Sehvorgang stets an eine Signalweiterleitung und Verarbeitung im Gehirn gekoppelt ist. Der Sehvorgang beginnt durch die Absorption von Photonen in Fotorezeptoren in der Retina und der sogenannten Transduktion eines Lichtreizes in ein Nervensignal. Daraufhin folgt eine Weiterleitung des Nervensignals an das Gehirn und führt schließlich zur Helligkeits- und Farbwahrnehmung.

Die menschliche Retina, oder auch Netzhaut genannt, enthält neben Fotorezeptoren auch verschiedene Nervenzellen, die eine erste Verarbeitung der Informationen maßgeblich unterstützen. Allerdings liegen die lichtempfindlichen Fotorezeptoren in der äußeren Schicht und werden durch die Neuronen der beiden inneren Schichten überlagert. Aufgrund dieses Aufbaus spricht man in die Zoologie von einer inversen Retina.

Die NetzhautAbbildung: Aufbau der Retina in Anlehnung an Müller et al. (2019, S.621)

In der ersten und äußersten Schicht der Retina befinden sich die Fotorezeptoren, welche man in zwei Grundtypen unterteilt. Zum einen befinden sich hier die Stäbchen, die für die Hell-Dunkel-Wahrnehmung verantwortlich sind. Zum anderen gibt es drei verschiedene Zapfen, die uns das Farbsehen ermöglichen. Deren Absorptionsmaxima liegen bei circa 420 nm, 530 nm und 560 nm, die ungefähr blauem, grünen und gelben Licht entsprechen. Die zugehörigen Zapfen werden dementsprechend als S-, M- bzw. L-Zapfen bezeichnet (S, M, und L kommen hierbei von den englischen Begriffen “short”, “middle” und “long”).

In der zweiten Schicht sind Bipolarzellen enthalten, die die sensorische Information von den Fotorezeptoren der ersten zu den Ganglienzellen der dritten Schicht leiten. Außerdem sorgen die Horizontalzellen für eine Verbesserung der Kontrastwahrnehmung, während die Amakrinzellen, Bipolarzellen und Ganglienzellen lokal verbinden und zur Anpassung der Augen an das Beleuchtungsniveau beitragen. Die abschließende dritte Schicht enthält die Ganglienzellen, welche die Aktionspotenziale generieren und eine Weiterleitung an die Axone und den Sehnerv erlauben.

Wenn weißes Licht auf die Retina trifft, werden alle Zapfentypen gleich stark angeregt und es entsteht ein weißer Farbeindruck. Fehlen dem Licht aber etwa Photonen kurzer Wellenlänge, wird der S-Zapfen kaum angeregt, während die M- und L-Zapfen stark aktiviert werden und vermehrt Signale weiterleiten. Durch diese Signalweiterleitung entsteht im Gehirn schließlich der Farbeindruck Gelb. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.

Sehen als chemischer Prozess

Fotorezeptoren enthalten lichtempfindliche Pigmente, die aus dem lichtabsorbierenden Molekül Retinal (gehört zu den Carotinoiden und ist ein Aldehyd) bestehen. Dieses ist an das Membranprotein Opsin gebunden. Rhodopsin (mit Absorptionsmaximum bei 495 nm) ist das Sehpigment der Stäbchen aus Retinal und Opsin und verantwortlich für das Hell-Dunkel-Sehen. Photopsine sind Sehpigmente der drei Zapfentypen aus Retinal und drei leicht verschiedenen Opsinproteinen, die wiederum das Farbsehen ermöglichen. Die unterschiedlichen Opsinproteine führen zu den oben bereits aufgeführten Absorptionsmaxima von 420 nm, 530 nm und 560 nm.

Die Signaltransduktion läuft in allen vier Photorezeptoren ähnlich ab und beginnt mit dem Einfangen eines Photons. Wenn Rhodopsin Licht absorbiert, erfolgt die Isomerisierung von 11-Cis-Retinal zu All-Trans-Retinal, wodurch Rhodopsin aktiviert wird.


Anleitung: Mit dem Schieberegler zwischen 2D- und 3D-Ansicht hin- und herwechseln. Mit dem “impliziter Wasserstoff”-Knopf die an den Kohlenstoffatomen implizit gegeben Wasserstoffatome ein- und ausblenden. Mit dem “3D Skelett”-Knopf die Kugel, die die Atome in der 3D-Ansicht darstellen, ein- und ausblenden.


Die Zurückumwandlung von All-Trans- zu 11-Cis-Retinal ist ein relativ langschrittiger chemischer Prozess. Im Laufe dessen generieren die Ganglienzellen der dritten Schicht Aktionspotenziale, welche eine Weiterleitung über ihre Axone ermöglichen, die zusammen den Sehnerv bilden. Die Sehnerven der Augen übermitteln das Signal weiter an den visuellen Cortex des Gehirns, wo die Verarbeitung der ankommenden Informationen stattfindet.

Aufgabe dazu…

Aufgabe 4