Modell didaktischer Rekonstruktion
(Reinfried, 2009; Kattman et al., 2007; Duit, Gropengießer & Kattmann, 2005; Nerdel, 2017)
In Szene 1: Austausch über Unterrichtsplanung ist zu sehen, dass Herr Schwarz von seiner Kollegin erfährt, dass sich ihre Schülerinnen und Schüler aufgrund vorhandener Vorstellungen schwer mit dem Thema Farbstoffe getan haben. Das Modell Didaktische Rekonstruktion setzt an diesem Punkt an und schafft Abhilfe.
Das Modell Didaktischer Rekonstruktion wurde als Forschungsmodell entwickelt (Nerdel, 2017), bei welchem die Frage im Vordergrund steht, wie bestimmte Inhaltsbereiche sinnvoll und fruchtbar unterrichtet werden können. Der Ansatz wird dabei neben der fachdidaktischen Forschung verwendet, um konkreten Unterrichtsplanungen zu konstruieren (Reinfried, 2009; Kattman et al., 2007; Duit, Gropengießer & Kattmann, 2005).
In dem Modell Didaktischer Rekonstruktion als Unterrichtsplanungsmodell bestehen die Vorstellungen der Lernenden gleichwertig neben den fachlichen Annahmen. Vorunterrichtliche Schüler*innenvorstellungen sollen im Rahmen der Didaktischen Rekonstruktion nicht durch wissenschaftliche Vorstellungen ersetzt werden. Vielmehr wird der Lernprozess als eine Modifizierung, Bereicherung und Differenzierung der Lernervorstellungen verstanden. Alltagsvorstellungen und Präkonzepte werden somit nicht als Hindernis, sondern als Ressource für das fachliche Lernen verstanden. Der Lernprozess wird also nicht als Conceptual Change, sondern vielmehr als Conceptual Reconstruction gesehen.
Die folgende Abbildung zeigt das Modell Didaktischer Rekonstruktion bei welchem Schüler*innenvorstellungen und fachlich geklärte Vorstellungen systematisch aufeinander bezogen werden sollen, um Unterricht zu planen (Reinfried, 2009).
Abbildung: Modell Didaktischer Rekonstruktion nach Kattmann (2007)
Das Modell Didaktischer Rekonstruktion (Kattmann, 2007) als Unterrichtsplanungsmodell, besteht aus drei rekursiven Analyseaufgaben, die in der Planung von Unterricht münden. Dabei stehen der Fachliche Gegenstand (in Form der Fachlichen Klärung) und die Schüler*innenvorstellungen auf einer Ebene. Beide Gegenstände sollen gleichermaßen bei der Planung von Unterricht beachtet werden.
Bei der Fachlichen Klärung handelt es sich um die Untersuchung eines fachwissenschaftlichen Gegenstandes in Form einer Sachanalyse mit dem Gesichtspunkt einer Vermittlungsabsicht. Dem gegenüber stehen die Schüler*innenvorstellungen. Hier soll die Erfassung der Lernerperspektive erfolgen. Neben Schüler*innenvorstellungen zum expliziten Thema geht es hierbei um individuelle Lernbedingungen und -voraussetzungen, um lebensweltliche Vorstellungen und Interessen. Diese Lernperspektiven gilt es individuell auf die eigene Lerngruppe zu erfassen.
Diese Didaktische Strukturierung ist der Planungsprozess von Unterricht unter der Berücksichtigung dieser beiden der beiden vorangegangen Analysen. Die drei Untersuchungsaufgaben sind daher nicht unabhängig voneinander zu erledigen, sondern in stetem Rückbezug zueinander. Als Hilfestellung für die jeweiligen Analysen dienen Leitfragen, die in den nächsten Kapiteln genauer beleuchtet werden.