Die Lehrenden im Kooperativen Lernen
(Bleck & Lipowsky, 2021; Green & Green, 2006; Pauli & Reusser, 2000; Traub, 2021; Völlinger, 2018)
Die Rolle der Lehrenden
Dass Lehrende in kooperativen Lernprozessen eine vergleichsweise passive Rolle einnehmen, liegt in der Natur der Sache. Allerdings birgt das Aufgabenfeld der Lehrenden weit mehr als nur eine beobachtende und beratende Tätigkeit und ist insgesamt mit einem hohen Aufwand verbunden (vgl. Bleck & Lipowsky, 2021; Pauli & Reusser, 2000). Dabei ist es von großer Notwendigkeit, theoretisches und praktisches Wissen über die Funktionsweise kooperativer Lernprozesse zu haben. Auch die Selbstwirksamkeit der Lehrenden, sowie deren Auffassung gegenüber diesem Unterrichtssetting ist wesentlich und bedingt das Gelingen schulischen Kooperativen Lernens (vgl. Völlinger, 2018).
Ausgangslage schulische Gruppenarbeit (vgl. Pauli & Reusser, 2000):
- Eine große Zahl Lernender streben eine rasche und mühelose Aufgabenbewältigung an, wobei der Stoff nebensächlich bleibt und Aspekte eines Problems eher flüchtig diskutiert werden.
- Meinungsunterschieden auf inhaltlicher Ebene wird zumeist auf sozial-emotionaler Ebene begegnet.
- Leistungsschwächere Lernende beteiligen sich vergleichsweise selten am Diskurs.
Diesem lernhemmenden verbal-kommunikativen Verhalten gilt es seitens der Lehrenden entgegenzusteuern und lernerfolgsversprechendes Verhalten zu initiieren. Die Qualitätssicherung der Lerndialoge bestimmt die Wirksamkeit Kooperativen Lernens fundamental. Pauli & Reusser (2000) sprechen in diesem Zusammenhang von der Rolle des Lehrenden als Choreographen oder Designers, wobei sie als Experten und Expertinnen des Fachgebiets und hochwertiger Diskurse handeln und als sogenannte Verhaltensmodelle in persona wirken. Dies ist gemeinhin mit der Eigenschaft der Vorbildfunktion Lehrender verknüpft.
Demnach verlangt das Kooperative Lernen eine veränderte Rolle der Lehrenden, da die Verantwortung des Lernprozesses an die Lernenden abgegeben wird. Um die Selbstständigkeit der Lernenden zu fördern, treten regulierende, organisierende und initiierende Funktionen der Lehrenden in den Vordergrund. Nichtsdestotrotz bleiben Lehrende in einer aktiven Rolle, auch wenn sie sich mehr im Hintergrund des Lerngeschehens bewegen. Kooperative Lernsettings verlangen von Lehrenden den gemeinsamen Lernprozess mehrerer Gruppen zu begleiten und zu unterstützen. Es steht außer Frage, dass diese veränderte Art des Unterrichtens mit spezifischen Aufgaben einhergeht und besondere Kompetenzen der Lehrenden verlangt.
Videobeispiel
In Szene 6: Präsentation der Ergebnisse können Sie sehen, wie der Lehrende die Qualität der Lerndialoge sicher stellt. Hier präsentieren die Lernenden das Ergebnis aus ihren Gruppenarbeiten. Der Lehrende stellt gezielt Nachfragen, wenn gewisse Sachverhalte nicht deutlich genug werden.
Die Aufgaben der Lehrenden
Der Planung und Durchführung kooperativer Unterrichtseinheiten liegt eine dreistufige Struktur zugrunde:
Vorbereitung und Planung
Im Zuge der Vorbereitung und Planung seitens der Lehrenden, ist die Wahl einer geeigneten Aufgabe elementar, da dies die Wirksamkeit Kooperativen Lernens beeinflusst. Geeignete Aufgaben erfüllen die Kriterien, die im Unterabschnitt Unterrichtsqualität aufgeführt sind.
Durchführung
Grundsätzlich ist die Durchführung Kooperatives Lernens für Lehrende eine anspruchsvolle Aufgabe. Dabei spielt die sogenannte Adaptivität der Lehrerintervention (Pauli & Reusse, 2000, S. 431) eine zentrale Rolle, wenn Lehrende Kooperatives Lernen erfolgreich gestalten wollen:
Auswertung und Sicherung
Ohne eine genaue Beobachtung und Analyse der Prozessvorgänge Kooperativen Lernens, ist die Durchführung der Auswertungs- und Sicherungsphase nicht möglich. Der Vergleich von Partner- oder Gruppenergebnissen sowie die Gegenüberstellung der Lösungen der Lernenden und der angedachten Lösung, bewirkt die Entstehung von Konzeptwissen und Transferwissen bei den Lernenden. Dabei ist die Sicherung und Auswertung so zu gestalten, dass keine Langeweile entsteht, was u. a. durch eine lehrendenseitige kontrastierende Darstellung unterschiedlicher Lösungswege erreicht werden kann.
Der Reflexionsprozess der Lernenden ist fester Bestandteil Kooperativen Lernens und sollte durch die Lehrenden angeregt werden. Dies kann beispielsweise durch die schriftliche Reflexion über einen Fragebogen geschehen. Über folgende Punkte könnten sich Lernende in einer solchen Reflexion gewahr werden (Bleck & Lipowsky, 2021; Green & Green, 2006):