Lehrerzentrierter und schülerzentrierter Unterricht

(Reiss & Hammer, 2013; Wiater, 2015)

Es gibt verschiedene Formen, wie der Unterricht gesteuert werden kann. Drei Varianten werden im Folgenden vorgestellt. Es sollte bedacht werden, dass eine Unterrichtsstunde nicht strikt einer Form folgen muss, sondern sich Phasen der Lehrer- und Schülerzentrierung abwechseln.

Lehrerzentrierter Unterricht

Eine Definition von lehrergesteuertem Unterricht gibt Wiater (2015, S. 101): Lehrergesteuerter Unterricht ist Unterricht, bei dem die Lehrenden den gesamten Lehr-Lern-Prozess planen, gestalten und prüfen. Der Unterrichtsinhalt steht mit seinem Sachanspruch im Vordergrund. Lernende sollen intelligentes Wissen erwerben (also stets verfügbares, anwendbares, nachhaltiges und vernetztes Wissen).

Lehrerzentrierte Phasen sind sinnvoll bei z. B. mathematischen Problemen, die von den Lernenden ohne Steuerung nicht selbstständig gelöst werden können. Es gibt demnach einfach Themen, die nur durch direkte Instruktion unterrichtet werden können, da sonst die Unterrichtsinhalte komplex und nur mit hohem Zeitaufwand von den Lernenden selbstständig erarbeitet werden können.

Achtung jedoch vor fragend-entwickelndem Unterrichtsgespräch: Oft sind nur wenige Lernende aktiv und nicht die gesamte Klasse profitiert davon! Meist werden die Äußerungen der Lernenden eingeschränkt oder unterbrochen. Sie müssen nicht planvoll und zielgerichtet denken, da dies die Lehrenden für sie übernehmen. Die Fragen, die die Lehrenden stellen, sind zudem häufig nur von ihnen selbst beantwortbar.

Schülerzentrierter Unterricht

Schülerzentrierter Unterricht wird ausschließlich von den Lernenden gelenkt. Diese steuern den Lernprozess autonom und individuell: Die Lernenden suchen das Thema aus, überlegen sich die zur Bearbeitung notwendigen methodischen Vorgehensweisen und wählen die mediale Unterstützung aus, überprüfen die Ergebnisse, präsentieren die Ergebnisse der Gruppe und den Lehrenden und stellen sie zur Diskussion. Lehrende werden zu Lernberatern und zu Mitlernenden, wenn das Thema die eigene Kompetenz überschreitet.

Die Lernenden müssen genügend Gelegenheiten bekommen, eigene mathematische Aktivitäten durchzuführen. Möglich sind Rechercheaufträge für Präsentationen, mathematische Diskussionen und Eigenproduktionen. Mithilfe von Software und geeignetem Material ist auch entdeckendes Lernen möglich, das zu Vermutungen und zu mathematischen Argumentationen führen kann.

Ziel: Steigerung des Selbstvertrauens der Lernenden durch Könnenserfahrungen und freie Wahlmöglichkeiten, die Entwicklung von Interesse und intrinsischer Motivation, der Erwerb von Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen, Förderung von Freude am Unterricht und am Lernen.

Formen: Einzelarbeit, Referat und Individuell-autonomes Lernen

Lehrer-Schülergesteuerter Unterricht

Der Lehrer-Schüler-gesteuerte Unterricht ist geprägt von konstruktiver Instruktion. Über Inhalte, Ziele, Methoden und Medien entscheiden Lehrende und Lernende gleichberechtigt.

Ziel: Schülerinnen und Schüler erlernen Strategien zur Nutzung bereits erworbenen Wissens, generieren Wissen an lebensechten, realtitätsnahen Situationen und werden motiviert, aus eigenem Interesse heraus Fragen zu stellen.

Formen: Projektunterricht, Phänomen- und Problemorientierter Unterricht -> aber: der Lernweg muss gelenkt werden, um Erfolg zu haben (“guided discovery learning”)

Ein Strichmännchen hält die erste Kugel eines Newton-Pendels in der Hand. Die Kugel sind beschriftet mit den Buchstaben des Worts Impuls.

Haben Sie in Ihrer bisherigen Schullaufbahn einen Lehrer-Schüler-gesteuerten Unterricht erlebt? Versuchen Sie nachzuvollziehen, wie dieser Entscheidungsprozess abläuft. Entwerfen Sie einen problemorientierten Arbeitsauftrag zu zyklischen Graphen, den Sie mit den Lernenden gemeinsam gestalten können.