Realitätscheck
Formen der Lernbegleitungshandlungen
(Wagner, 2014; Schnebel 2019)
Ein ausführlicher Einblick in verschiedene Studien zur Lernbegleitung im Unterricht findet sich im Buch „Lernbegleitung im schulischen Unterricht und in Praxisphasen der Lehrpersonenausbildung“ (Schnebel 2019). Einige zentrale Forschungsergebnisse zur Lernbegleitung werden im Folgenden vorgestellt.
Zunächst lässt sich festhalten, dass Lernbegleitung im gesamten Unterrichtsgeschehen nur eine flankierende Maßnahme darstellt. Zunehmend wird Lernbegleitung aber als eigenes Handlungsfeld im Lehr-Lernprozess wahrgenommen und erhält entsprechend vermehrt konzeptionelle und empirische Aufmerksamkeit (Schnebel, 2019, S.11).
Eine breit angelegte Studie im Bereich der Unterrichtsforschung stellt das Projekt „Innovation naturwissenschaftlicher-technischer Bildung im Grundschulbereich (INTeB)“ (Schnebel & Wagner 2016a; 2016b; Schnebel 2016, Schnebel 2019, Wagner 2014) dar. Ein Teilprojekt beforschte dabei lernbegleitendes Handeln von Lehrenden sowie Bezüge der Lernbegleitung zum Lernen.
Hinsichtlich der Art der lernunterstützenden Handlung von Lehrenden konnten in der Studie verschiedene Muster lernbegleitender Aktivitäten identifiziert werden, die in der Arbeit von Wagner (2014) anhand von Fallanalysen expliziert werden. Als Ausgangspunkt diente dabei eine Stichprobe von 65 Videoaufnahmen zur Erfassung von Handlungen der Lehrenden im naturwissenschaftlichen Unterricht. Mithilfe der Aufnahmen wurden die unterschiedlichen lernunterstützenden Handlungen codiert und dann auf Basis der Häufigkeitsverteilung der Handlungen drei verschiedenen Lernunterstützungsprofilen (Muster 1-3) zugeordnet. Diese Lernunterstützungsprofile stellen von der Lehrperson tendenziell bevorzugte Unterstützungshandlungen dar, ohne dass andere Unterstützungshandlungen dabei ausgeschlossen sind.
Neben der Einteilung in unterschiedliche Lernunterstützungsprofile geht aus der Stichprobe auch die Verteilung der Lehrenden zu den verschiedenen Mustern hervor:
Die den verschiedenen Lernunterstützungsprofilen zugeordneten Unterstützungshandlungen und die jeweilige Verteilung sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Tabelle in Anlehnung an die Ergebnisse aus Wagner, 2014, S.133 ff.; Schnebel, 2016, S. 157 ff.
Wie bereits aus den bisherigen Inhalten des Kapitels deutlich geworden ist, steht vor allem Lernprozessorientierte Lernbegleitung im Fokus der Professionsdebatte und wird als besonders wünschenswerte Lernunterstützungshandlung in der Unterrichtsforschung diskutiert.
Dass sich diese Form der Lernunterstützung jedoch nur unzureichend in der Unterstützungspraxis (21%) wiederfindet, wird von Seidel, Blomberg und Stürmer (2010) daher kritisiert.
Effekte von Lernunterstützung auf Lernende
1. Positive Effekte auf die Leistung von Lernenden
Die Effektivität verschiedener Lernunterstützungsaktivitäten wurde in verschiedenen Studien durch die Gegenüberstellung von Unterrichtsbeobachtungen und Leistungsdaten von Lernenden herausgestellt (u.a. Kobarg & Seidel, 2007; Vehmeyer, 2009; Klickmann et. al., 2010).
Dabei konnten vor allem die Unterstützungsmerkmale
- Adaptivität
- Kognitive Aktivierung
- Strukturierung
in mehreren Studien als besonders effektiv identifiziert werden (Krobag & Seidel, 2007, S.151).
2. Negative Effekte von Unterstützungshandlungen auf Leistungen
Ein schwacher aber doch signifikant negativer Effekt auf die Leistungen von Lernenden konnte dagegen bei Unterstützungsaktivitäten, die sich auf die bloße Kontrolle von Lösungen konzentrieren, festgestellt werden (Krammer, 2009, S.278). Dieser negative Effekt könnte ein Hinweis darauf sein, dass Lehrende, die vor allem die Korrektheit von Lösungen kontrollieren, tendenziell dem bereits beschriebenen aufgabenorientierten Unterstützungsprofil zugeordnet werden können und daher weniger auf die positiv wirkende kognitive Aktivierung im Sinne einer prozessorientierten Lernbegleitung eingehen. Der negative Effekt dieser Unterstützungshandlung bestärkt in der Folge die Forderung nach stärker prozessorientierten Unterstützungen von Lernenden. Eine weitere Erklärung des negativen Effekts kontrollierender Handlung ist auch auf motivationaler Ebene zu sehen.
3. Die Bedeutung der Wahrnehmung der Lernenden
Einen zusätzlichen Aspekt der Lernunterstützungshandlungen stellt Krammer (2009, S. 279) heraus, indem sie neben der tatsächlich beobachtbaren Lernunterstützungshandlung auch die Wahrnehmung der Unterstützungshandlung durch die Lernenden in den Blick nimmt. Hier zeigt sich, dass die von den Lernenden wahrgenommene Unterstützungshandlung einen größeren Zusammenhang zu den Leistungen der Lernenden aufweist als die tatsächlich beobachtbare Unterstützungshandlung. Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass sich der Effekt vor allem auf motivationaler Ebene erklären lässt. Eine genaue Untersuchung dieses Zusammenhangs steht aber noch aus.