Realitätscheck
Der Realitätscheck soll dazu dienen, Forschungsergebnisse zum Themenkomplex Feedback vorzustellen und Ihnen einen Einblick in die Feedbackpraxis an Schulen zu geben.
Die folgende Darstellung der Forschungsergebnisse ist am interaktionalen Rahmenmodell zur Gestaltung und Verarbeitung von Feedback nach Strijbos und Müller (2014) ausgerichtet. Die inhaltliche Aufarbeitung dieses Modells finden Sie in den Kapiteln Grundlegendes Strukturmodell zum Feedbackprozess, Personale Faktoren im Feedbackprozess und Situative Faktoren im Feedbackprozess.
Abbildung: Interaktionales Rahmenmodell zur Gestaltung und Verarbeitung von Feedback in Anlehnung an Strijbos & Müller (2014, S. 88)
Bezüglich der Feedback-Sender geht aus der Forschung hervor, dass …
- … Feedback sehr sparsam gegeben wird (Hattie, 2007).
- … das meiste Feedback der Lehrerinnen und Lehrer sich an die gesamte Schulklasse richtet (Carless, 2006).
- … das meiste Feedback von den Mitschülerinnen und Mitschülern (Peers) kommt und die meisten dieser Feedbacknachrichten falsche Informationen enthalten (Nuthall, 2007, zitiert nach Hattie, 2014).
- … Lehrerinnen und Lehrer ihr Feedback für wesentlich wertvoller halten als die Schülerinnen und Schüler (Carless, 2006).
- … schlechte Leistungen von Jungen im Rahmen einer Feedbacknachricht von Lehrerinnen und Lehrern eher auf mangelnde Anstrengung oder schlechtes Benehmen zurückgeführt werden. Wenn Mädchen schlechte Leistungen zeigen, werden diese meist auf deren Fähigkeiten zurückgeführt (Dweck et al., 1982).
Die Forschung bzgl. der Empfänger von Feedback zeigt, dass …
- … Feedback von den Schülerinnen und Schülern häufig nicht verstanden und erkannt wird, weil es oft unvollständig, versteckt und verzerrt gegeben wird (Dunning, 2005).
- … Schülerinnen und Schüler große Schwierigkeiten damit haben, Feedback auf ihr Lernen anzuwenden, auch wenn sie es inhaltlich verstanden haben (Nuthall, 2007; Golstein, 2006, zitiert nach Hattie, 2014).
- … Feedback tendenziell eher aufgenommen wird, wenn es mit dem Selbstbild konsistent ist (Dunning, 2005; Swann, 2012).
- … vielfach Angst vor negativem Feedback bei Schülerinnen und Schülern vorherrscht (Hattie & Timperley, 2007).
Erkenntnisse aus der Forschung bzgl. der situativen Faktoren (Ziel, Inhalt, Präsentationsform) zeigen, dass…
- … fast die Hälfte des Feedbacks von Lehrerinnen und Lehrern aus Lob besteht (Hattie & Timperley, 2007; Hyland & Hyland, 2001).
- … sich nach dem Lob das meiste Feedback nur auf das Endprodukt der Arbeit (Aufgabenebene) und nicht auf den Arbeitsprozess bezieht. Dieses wird außerdem meist in einfacher Form gegeben (Hattie, 2014).
- … das Feedback von vielen Lehrerinnen und Lehrern mehr darauf ausgerichtet ist Schülerinnen und Schüler zu motivieren und zu ermutigen anstatt sich am Inhalt und am Lernziel orientiert (Hyland & Hyland, 2001).
- … sich viele Lehrerinnen und Lehrer beim Feedback auf das Korrigieren fokussieren, ohne die Möglichkeit wahrzunehmen durch Feedback instruierend agieren zu können und damit den Lernprozess der Lernenden anzuregen (Hattie & Timperley, 2007).
- … schriftliches Feedback oftmals Verständnisprobleme auf Seiten der Schülerinnen und Schüler verursacht (Weaver, 2006).