Exkurs: Weitere Anwendungen
(Welsch & Liebmann, 2012)
Farbreaktionen in der Chemie
Die Farbigkeit von Lösungen, chemischen Umsetzungen und Niederschlägen im Reagenzglas werden in der Chemie häufig für die Analytik genutzt, wobei es sich um eine qualitative Analyse handelt. Auch Flammenfärbungen werden beispielsweise für den Nachweis von Metallionen genutzt, da diese je nach Art charakteristische Färbungen aufweisen. In den letzten Jahrzehnten ist die Anzahl an Testverfahren, die auf Farbreaktionen beruhen, stark angewachsen. Ein Beispiel dafür ist die Biuretreaktion.
Sie wird genutzt, um Eiweiße, Peptonen und Peptide nachzuweisen. Dabei fällt sie positiv aus, wenn mindestens zwei Peptidbindungen (-CO-NH-) vorliegen. Die einfachste Substanz, welche diese Voraussetzung erfüllt, ist das für die Reaktion namensgebenden Biuret $\mathrm{H_2N\negthinspace \negthinspace -\negthinspace \negthinspace CO\negthinspace \negthinspace -\negthinspace \negthinspace NH\negthinspace \negthinspace -\negthinspace \negthinspace CO\negthinspace \negthinspace -\negthinspace \negthinspace NH_2}$. Für die Nachweisreaktion wird die zu untersuchende Probesubstanz mit Kupfersulfat in alkalischer Lösung versetzt. Bei einer positiven Reaktion bildet sich ein intensiv blauer, rotvioletter oder roter Kupferkomplex.
Färbeverfahren in der Biologie und Medizin
Farben werden in der Biologie und Medizin häufig genutzt, um unsichtbares sichtbar zu machen. Die dabei verwendeten Techniken finden sich in der Mikrobiologie und Histologie. Eine der wichtigsten Methoden der Mikrobiologie ist das Gram-Verfahren. Es kommt in der Regel als eines der ersten Standardtestverfahren bei der Differenzialdiagnose von Bakterien zum Einsatz. Die Färbung mit Kristallviolett oder Methylenblau ermöglicht eine Klassifizierung in Gram-positive und Gram-negative Mikroorganismen. Bei der Anfärbung und anschließenden Fixierung mit Jod bildet sich ein tief braunvioletter Farbstoffkomplex. Dieser kann bei Gram-negativen Mikroorganismen durch eine Entfärbungslösung wieder aufgelöst werden. Die Gegenfärbung erfolgt mit Fuchsin oder Safranin und führt zu einer blass rotorangen bis rotvioletten Färbung. Dem unterschiedlichen Färbeverhalten liegt ein anderer Bau der bakteriellen Zellwand zugrunde. Gram-positive Mikroorganismen haben einen höheren Anteil an Glycopeptiden (Zucker-Eiweiß-Verbindungen) und einen niedrigeren Anteil an Lipiden als Gram-negative Mikroorganismen. Das wiederum kann Hinweise auf die mögliche Wirksamkeit von Antibiotika liefern.
Klassische Farbfotografie
Die Entwicklung der Fototechnik fand hauptsächlich im 19. und 20. Jahrhundert statt und beruht im Wesentlichen auf der Entdeckung der Lichtempfindlichkeit von Silberhalogeniden. Bei diesen handelt es sich um farblose, kaum wasserlösliche Salze, die sich unter Lichteinfluss in metallisches Silber und Halogen aufspalten. Sie sind als kleine Kristalle in Gelatine als Emulsion auf Farbfilm- und Farbfotoschichten aufgetragen. Die heutigen Farbfilme sind aus bis zu 18 dünnen Schichten aufgebaut, von denen maximal je drei mal drei die farbempfindlichen Fotoschichten bilden. Der obere Abschluss wird aus einer Gelatine-Schutzschicht gebildet, die vor äußerer mechanischer Beschädigung schützt. Darauf folgt eine UV-Filterschicht, dann die sogenannten Emulsionen (= farbempfindlichen Schichten) und als unterer Abschluss eine Lichthofschutz- oder Antihalo-Schicht, welche eventuell nicht absorbiertes Licht an der Reflexion auf das Trägermaterial hindert. Die drei farbempfindlichen Schichten sind dabei so angeordnet, dass jeweils höhere Schichten energiereicheres Licht absorbieren. Dadurch verhindern sie, dass energiereicheres Licht tiefere Schichten belichtet und Farbstiche verursacht. Oben befindet sich die blau empfindliche Schicht mit $\mathrm{AgBr}$, das Wellenlängen im Bereich $400-500 \mathrm{nm}$ absorbiert. Der anschließende Gelbfilter aus kolloidalem Silber verhindert, dass blaues Licht in tiefere Schichten dringt. Dann folgt eine grün empfindliche Schicht ($500-600 \mathrm{nm}$) mit einem darunterliegenden Purpurfilter, der das Passieren von grünem Licht unterbindet. Dann folgt eine rot empfindliche Schicht ($600-700 \mathrm{nm}$) mit einem Blaugrünfilter. Die Absorption der Filter erfolgt nach dem Prinzip der Komplementärfarben.