Gestaltung von Problemen im Naturwissenschaftsunterricht
(Streller et al., 2019; Gut et al., 2014)
Problembasiertes Lernen und die Rolle von Problemen
Problembasierte Unterrichtsverfahren gehen auf die konstruktivistische Lerntheorie zurück nach welcher das Problem die Ausgangslage im problembasierten Lernen und forschenden Lernen bildet und somit eine zentrale Rolle einnimmt.
Um PBL in den schulischen Kontext zu integrieren, spielt daher die Gestaltung von Problemen eine entscheidende Rolle. Dieser Prozess muss aktiv erfolgen, da – im Gegensatz zur Medizin, wo bereits Krankheitsbilder von Patient*innen vorliegen – keine vorgefertigten Probleme zur Verfügung stehen.

Klassifikation von Problemtypen im naturwissenschaftlichen Unterricht
Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzorientierung der Unterrichtsgestaltung ist zu beachten, dass die Wahl der Problemstellung bereits festlegt, welche Aktivitäten während des Problemlöseprozesses von Lernenden durchgeführt werden und folglich welche Kompetenzen dabei gefördert werden sollen.
In der Literatur werden daher zahlreiche Versuche unternommen Probleme in Bezug auf ihre Art und das zugehörige Ziel zu klassifizieren. Diese unterscheiden sich mitunter stark je nach Fachdisziplin. Gut und Kollegen (2014) übernehmen für die Naturwissenschaften eine übergreifende Einteilung in vier unterschiedliche Problemtypen (siehe Tabelle Problemtypen) ausgehend von den auszuführenden naturwissenschaftlichen Handlungen zur Problemlösung.
Sie weisen dabei auf eine Erweiterung durch zwei zusätzliche Kategorien hin. Die nachfolgende Tabelle bildet diese Problemtypen mit jeweiligem Beispiel für den naturwissenschaftlichen Unterricht ab.
Tabelle: Problemtypen mit Beschreibung und Beispielen angepasst und erweitert nach (Gut et al., 2014, S.4)
Problemtyp | Beschreibung | Beispiel |
---|---|---|
Kategoriengeleitetes Beobachten | Phänomene anhand gegebener Kategorien (Fragen) beschreiben und vergleichen. | Beobachten und vergleichen, wie verschiedene Metalle (z. B. Kupfer, Eisen, Aluminium) auf Säuren reagieren. |
Skalenbasiertes Messen | Quantitative Größen mit gegebenen Messinstrumenten (Skala) genau messen. | Messen des pH-Werts verschiedener Haushaltslösungen (z. B. Zitronensaft, Essig, Seifenlauge) mit einem pH-Messgerät. |
Fragengeleitetes Untersuchen | Korrelationen zwischen gegebenen Variablen (Frage) untersuchen. | Untersuchen, wie sich die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion mit der Temperatur verändert. |
Effektbasiertes Vergleichen | Objekte anhand einer gegebenen Eigenschaft experimentell (ohne direkte Messung) vergleichen. | Vergleich der Flammenfärbung verschiedener Salze (z. B. Natriumchlorid, Kaliumchlorid) in einer Bunsenbrennerflamme. |
Funktionsgeleitetes Konstruieren | Objekte oder Systeme gemäß vorgegeben Funktionen entwickeln oder modifizieren. | Entwickeln eines Wasserfilters aus alltäglichen Materialien (z. B. Sand, Aktivkohle) und Testen seiner Filterfunktion. |
Kriteriengeleitetes Klassifizieren | Objekte anhand bestimmter Kriterien in Gruppen einteilen. | Klassifizieren von Stoffen (z. B. Säuren, Basen, Salze) basierend auf ihren chemischen Eigenschaften und Reaktionen. |

Videobeispiel
Im Folgenden sind zwei Videos abgebildet, die eine solche Probleminstruktion darstellen. Schauen Sie sich die nachfolgenden Videos an.
In Szene 2: Einstieg mit einer Problemstellung zum Thema Autos und Emissionen ist der Referendar Herr Müller beim problembasierten Einstieg in seiner Stunde zu sehen.
Dieses Video zeigt Szene 3 (Modul 8): Einstieg zu Farbigkeit und Licht.
Die Lehrkraft, Herr Schwarz, stellt in diesem Video seine Klasse vor die Problemstellung die Farbe eines Getränks bei farbigem Licht zu erkennen. Daraufhin wird der Arbeitsauftrag erklärt, in dem die Schülerinnen und Schüler den Zusammenhang zwischen Farbe des Lichts und Farbe eines Körpers untersuchen sollen.

Impulsfrage:
Beschreiben Sie, welche Kompetenzen – ausgehend von der Problemstellung – im darauf folgenden Problemlöseprozess gefördert werden können.
Beschreiben Sie welche Elemente der Problemgestaltung Sie in den Videos deutlich erkennen können.,
- Wie wird das Problem von der Lehrkraft eingeführt und in den Lernprozess integriert?
- Welche Eigenschaften des Problems machen es geeignet für den Einsatz im Unterricht?
- Welche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten in der Problemgestaltung fallen Ihnen zwischen den beiden Videos auf?
- Wie gut gelingt es der Lehrkraft in den Videos, das Problem als Ausgangspunkt für den Erkenntnisprozess zu nutzen?
- Inwieweit sind die dargestellten Probleme realitätsnah und ansprechend für die Schüler:innen gestaltet?
- Welche Anpassungen wären notwendig, um die gezeigten Ansätze in Ihre spezifische Unterrichtspraxis zu übertragen?
- Welcher Problemtyp wird in den Videos im Unterricht eingesetzt?
Das Problem wird den Lernenden in der ersten Phase des Unterrichtsverlaufs eröffnet. Im folgenden Kapitel wird diese Phase sowie alle darauf folgenden intensiv beleuchtet.
© Zerouali, A., Brinkmann, J., Frömmel, M. & Koenen, J. (2024) Toolbox Lehrerbildung – ViFoNet Fortbildungsmodul: Gestaltung von Problemen im Naturwissenschaftsunterricht (URL).