Theoretische Grundlage: Was ist lernen?
(Fritz et al., 2017; Hasselhorn & Gold, 2017; Hoffmann & Löhle, 2004; Koch, 2019; Krüger & Helsper, 2002; Schmitt, 2017; Stein, 2013)
Der Mensch lernt von Geburt an. Er lernt greifen, laufen, sprechen, Leute kennen, lesen, rechnen, dass man sich an einer heißen Herdplatte verbrennen kann, dass Zitronen sauer schmecken und vieles mehr. Die Liste zu vervollständigen ist dabei unmöglich, denn Lernen ist ein lebenslanger Prozess (Fritz et al., 2017). Der Lernprozess kann dabei absichtlich (intentional), wie im Falle des Lesenlernens, oder beiläufig und unbewusst (inzidentell) geschehen (Hasselhorn & Gold, 2017), wie im Falle der ersten Begegnung mit einer Zitrone. Die aufgezählten Beispiele erscheinen alle so vielseitig und doch fallen sie unter denselben Begriff: Lernen. Was haben diese Prozesse also gemeinsam? Was ist Lernen und wie funktioniert es?
Der Begriff Lernen findet neben seiner Funktion als Grundbegriff der Pädagogik auch in der Alltagssprache häufige Verwendung (Krüger & Helsper, 2002). In der alltäglichen Sprache wird Lernen mit dem Erwerb von Wissen und/oder Fertigkeiten gleichgesetzt (Koch, 2019). Die Art des erworbenen Wissens kann dabei in deklaratives Wissen, prozedurales Wissen und Reflexionswissen aufgeteilt werden (Schmitt, 2017).
Die Beschäftigung der Psychologie mit der Frage, was Lernen ist, mündete in unterschiedlichen Auffassungen darüber, welcher Kausalität Lernen unterliegt (eine ausführliche Betrachtung der konstruktivistischen, behavioristischen und kognitiven Lerntheorien ist in dem Videotutorial des Modulteils Feedback zu finden). Den Theorien gemein ist jedoch die Grundauffassung darüber, wie Lernen zu definieren ist:
Exemplarisch führt die Erfahrung des Verbrennens an einer heißen Herdplatte sehr wahrscheinlich zu einer Änderung des Verhaltens, indem vorsichtiger im Umgang mit dieser verfahren wird. Die Lernenden wissen nun also: Eine Herdplatte ist heiß, Vorsicht. Damit es nicht noch einmal zu einer Verbrennung kommt, ist es wichtig, dass diese Information dauerhaft gespeichert ist. Für eine dauerhafte Speicherung muss eine Information drei Speichertypen des Gehirns durchlaufen.
Das Drei-Speicher-Modell
Laut Hoffmann und Löhle (2004) ist Lernen daher „im Grunde nichts anderes, als Informationen ins Gedächtnis, speziell in das Langzeitgedächtnis aufzunehmen“ (S. 21). Zur dauerhaften Speicherung muss nach dem Drei-Speicher-Modell eine Information drei Gedächtnissysteme durchlaufen. Das sensorische Gedächtnis, das Kurzzeit- bzw. Arbeitsgedächtnis und das Langzeitgedächtnis. Die Gedächtnissysteme unterscheiden sich dabei sowohl in der Anzahl der gespeicherten Elemente als auch in der Speicherdauer von Informationen (siehe Abbildung Drei-Speicher-Modell). Erst wenn eine Information im Langzeitgedächtnis angekommen ist, kann von einer dauerhaften Speicherung ausgegangen werden (Metzig & Schuster, 2020). Dieser Prozess des Übergangs vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis kann durch Lernstrategien unterstützt werden. Eine detaillierte Ausführung dieses Themas ist in unserem Modulteil zur kognitiven Aktivierung zu finden.
Abbildung: Die drei Gedächtnisarten in Anlehnung an Stein (2013, S. 97)